Die amerikanischen Präsidentschaftskandidaten haben sich auf einen neuen Fahrplan für die traditionellen Fernsehdiskussionen im Wahljahr geeinigt. Eine Teilnahme Bidens am Bürgenstock-Gipfel wird damit immer unwahrscheinlicher.
Joe Biden und Donald Trump haben sich am Mittwoch überraschend schnell darauf geeinigt, vor dem Wahltag am 5. November an zwei Fernsehdebatten teilzunehmen. Das erste TV-Duell der beiden amerikanischen Präsidentschaftskandidaten soll bereits am 27. Juni in Atlanta im Gliedstaat Georgia stattfinden und vom Nachrichtensender CNN organisiert werden. Die zweite Debatte ist für den 10. September geplant. Für die Durchführung soll das Medienunternehmen ABC zuständig sein, das zum Disney-Konzern gehört.
Die beiden Daten vorgeschlagen hatte eine hochrangige Wahlkampfberaterin von Biden. In einem Brief an die unabhängige Commission on Presidential Debates (CPD), seit 1987 für die Organisation der TV-Debatten im Präsidentschaftswahlkampf zuständig, kündigte Jen O’Malley Dillon das traditionelle Arrangement auf. Der Präsident habe sich entschieden, auf die Hilfe der Kommission bei der Organisation der Fernsehduelle zu verzichten, schrieb O’Malley Dillon.
Kein Interesse am «Spektakel vor einem grossen Publikum»
Ihre Begründung: Biden habe nach der Erfahrung, die er im Wahlkampf 2020 gemacht habe, kein Interesse mehr an einem «Spektakel vor einem grossen Publikum». Im Zentrum der Fernsehdebatte müsse der Wähler stehen. Auch deshalb wolle er nicht bis zum Herbst mit dem ersten TV-Duell warten.
NEW In a letter to the Commission on Presidential Debates, BIDEN HARRIS campaign Chair Jen O’Malley Dillon said Biden will NOT be participating in the Commission on Presidential Debates’ announced debates in 2024 and plans to participate in debates hosted by news organizations. pic.twitter.com/HNgsquEr2D
— Kellie Meyer (@KellieMeyerNews) May 15, 2024
Der Zeitpunkt Juni ist nicht zufällig gewählt. Biden möchte, nach dem Ende des New Yorker Strafprozesses gegen seinen republikanischen Kontrahenten, im Präsidentschaftswahlkampf wieder die Oberhand gewinnen. Dies könnte gelingen, hoffen seine Berater, indem der Präsident wieder die Person Donald Trump ins Zentrum seiner Kampagne stelle.
In ihrem Brief erwähnte O’Malley Dillon auch, dass Biden Ende Juni «von seinem Treffen mit den Staats- und Regierungschefs der Welt am G-7-Gipfel» nach Washington zurückgekehrt sein werde. Dieser Nebensatz ist ein weiterer Hinweis darauf, dass der amerikanische Präsident wohl nicht am geplanten Ukraine-Gipfel auf dem Bürgenstock teilnehmen wird. Die Schweizer Konferenz ist auf den 15. und 16. Juni angesetzt, gleich im Anschluss an das G-7-Treffen in Apulien (Italien). Präsidenten bereiten sich normalerweise tagelang und intensiv auf Fernsehdebatten vor.
Biden zu Trump: «Versüsse mir meinen Tag»
Die Einigung zwischen Biden und Trump kam in einer Reihe von Online-Botschaften, Kurzfilmchen und Radiointerviews zustande. Den Auftakt machte Biden, der am frühen Morgen seinen Kontrahenten herausforderte. Er habe gehört, dass Trump trotz seiner Niederlage im Wahlkampf 2020 unbedingt wieder gegen ihn debattieren wolle, sagte der Präsident in einer Videobotschaft. Dieses Angebot nehme er gerne an, sagte er sinngemäss. Biden verwendete dabei den Ausdruck «Make my day» aus einem Clint-Eastwood-Film. (Auf Deutsch übersetzt heisst der Spruch etwa: «Versüsse mir meinen Tag».)
Donald Trump lost two debates to me in 2020. Since then, he hasn’t shown up for a debate.
Now he’s acting like he wants to debate me again.
Well, make my day, pal. pic.twitter.com/AkPmvs2q4u
— Joe Biden (@JoeBiden) May 15, 2024
Trump reagierte umgehend und schrieb auf seinem Internetdienst Truth Social, dass er an den Debatten teilnehmen werde. Diese Zusage bekräftigte er während eines Radiointerviews. Trump wolle gerne mehr als zweimal debattieren, sagte er später.
Dann meldete sich der Sender CNN zu Wort, der ein Fernsehstudio in Atlanta als Austragungsort vorschlug. Beide Kandidaten gaben ihr Einverständnis, obwohl die Spielregeln der TV-Diskussion noch ausgehandelt werden müssen. CNN deutete allerdings an, dass sich der unabhängige dritte Kandidat, Robert F. Kennedy, wohl nicht für die Debatte qualifizieren werde. Wenige Minuten später kündigte die Nachrichtenabteilung des Senders ABC ebenfalls eine Debatte an. Auch hier ist unklar, wer diese Diskussion moderieren wird.
Die schnelle Einigung deutet darauf hin, dass hinter den Kulissen zumindest Vorbereitungsarbeiten liefen. Das ist eigentlich nicht weiter erstaunlich: Die Debatten, so frustrierend sie auch für die Zuschauerinnen und Zuschauer sein mögen, sind Strassenfeger. So schauten sich vor vier Jahren rund 73 Millionen Menschen in den USA das erste Duell zwischen Biden und Trump an.