Das «Jazzhaus» mit Übungs- und Büroräumen direkt gegenüber des Sogar-Theaters kann auch von Externen gemietet werden.
Der erste Eindruck geht durch den Geruchssinn. Wer die Tür öffnet an der Heinrichstrasse 69 im Zürcher Kreis 5, dem steigt gleich die erdige Frische des Fichtenholzes in die Nase. Aus diesem Material sind nicht nur die Fliesen des Parketts geschnitten, sondern auch die senkrechten Leisten der Vertäfelung.
Die Holzeinrichtung dient ebenso der akustischen Transparenz des hellen, einladenden Raumes wie seine Höhe: Von der fünf Meter hohen Decke hängen schlanke Lampen. Darunter stehen zwei Dutzend Notenständer in Reih und Glied bereit. Auf musikalische Aktivitäten warten in einer Ecke auch ein Steinway-Flügel, vis-à-vis davon ein Schlagzeug und zwischen den beiden ein Bassverstärker. Hier finden künftig die Proben des Zurich Jazz Orchestra (ZJO) statt. Im neuen «Jazzhaus» in Zürichs Kreis 5, das dieser Tage bezugsbereit geworden ist, hat das ZJO erstmals ein eigenes Domizil gefunden.
Alles kann man mieten
Der grosse Proberaum, der auch als Aufnahmestudio dienen kann, ist zwar das Herzstück des Jazzhauses. Durch einen separaten Eingang kommt man aber in ein Obergeschoss, wo sich neben einem Büroraum zwei weitere, kleinere Übungsräume befinden, je mit einem Piano bestückt.
Alle Einrichtungen sollen auch an externe Kulturschaffende vermietet werden, erklärt Bettina Uhlmann, die Geschäftsleiterin und Managerin der Zürcher Big Band. Bereits hätten ein Chor und ein Theater ihr Interesse angemeldet. Da das ZJO die Miete für das neue Jazzhaus weitgehend selbst berappen muss, ist man froh, wenn Konzerteinnahmen und Gelder der Gönner und Sponsoren durch weitere Einkünfte erweitert werden.
Zumal der Umbau des Jazzhauses auch nicht gratis war: Die Kosten belaufen sich auf 1,6 Millionen Franken. Einen grossen Teil davon hat das ZJO selbst akquiriert: 500 000 Franken kommen von gemeinnützigen Stiftungen und Privaten, 380 000 Franken vom Kulturfonds des Kantons Zürich und 125 000 Franken von der Stadt Zürich. Die restlichen Mittel für den Umbau hat die «Dr. Stephan à Porta»-Stiftung beigesteuert, die Vermieterin des Hauses.
Das ZJO existiert schon seit 1995. Was als eher loser Verband von einigen Big-Band-Enthusiasten begann, hat sich über die Jahre zu einem professionellen Ensemble entwickelt, das international einen guten Ruf geniesst. Dafür spricht auch, dass das ZJO immer wieder von hervorragenden Bandleadern geführt wird. Persönlichkeiten wie zuvor der Deutsche Steffen Schorn oder wie derzeit der Amerikaner Ed Partyka haben aus Zürcher Jazzmusikern eine Formation geschaffen, die einerseits ein klassisches Big-Band-Repertoire beherrscht, aber andrerseits immer wieder mit originellen und ambitionierten Projekten von sich reden macht.
Man hört alles ganz genau
Für das Renommee des Zürcher Jazz hat das ZJO ähnliche Bedeutung wie für die Klassikszene das Zürcher Kammerorchester (ZKO), in dessen Räumlichkeiten im Tiefenbrunnen die Jazzformation zur Not auch schon geprobt hat. Tatsächlich sei es in den letzten Jahren immer schwieriger geworden, den professionellen Betrieb der ambitionierten Zürcher Big Band zu gewährleisten. Bettina Uhlmann kann ein Lied davon singen, wie die Band für Proben zwischen Toni-Areal, Jazzklub Moods, Schulhaus Kanzlei oder ZKO-Haus pendelte; und stets mussten auch Notenmaterial und Verstärkeranlagen herumtransportiert werden.
In der Not machte sich Uhlmann schon vor Jahren auf die Suche nach einem eigenen Gebäude. So fand sie den ehemaligen Handwerksbetrieb im Kreis 5 – in unmittelbarer Nachbarschaft des Sogar-Theaters. Mit der «Dr. Stephan à Porta»-Stiftung konnte zwar bald schon ein Vertrag ausgehandelt werden. Das Projekt aber verzögerte sich, weil der Vormieter das Haus noch länger in Anspruch nahm.
Umso glücklicher sei man, dass der Umbau dann fast reibungslos vonstattengegangen sei. Den Proberaum, der vom namhaften Akustikspezialisten Martin Lachmann konzipiert worden ist, habe die Big Band bereits eingeweiht. Die Musiker seien sehr zufrieden – aber auch herausgefordert: «Man hört alles ganz genau, auch Fehler», sagt Bettina Uhlmann lachend.