Auch Zürich hat eine Designwoche. Sie findet derzeit zum dritten Mal statt und verteilt sich auf 60 Programmpunkte an unterschiedlichen Standorten. Eine Auswahl an Ausstellungen, die sich besonders lohnen.
Vom 12. bis 29. September 2024 findet in der Limmatstadt die dritte Ausgabe der Zurich Design Weeks (ZDW) statt. Die diesjährige Veranstaltung steht unter dem Motto «Good News» und sei inspiriert von Stefan Sagmeisters Buch «Heute ist besser», wie die beiden Kuratorinnen Anita Simeon Lutz und Gabriela Chicherio in ihrer Eröffnungsrede erklärten. «Wir wollen Blick auf den Fortschritt lenken», sagte Chicherio, «und guten Nachrichten eine Bühne bieten».
Die Zurich Design Weeks sind ein dezentrales Festival, die Ausstellungen finden in Galerien, Shops oder an öffentlichen Plätzen statt. 60 Programmpunkte sind gelistet. Auch in diesem Jahr sind nebst kleineren Labels wieder bekannte Namen wie Ikea, Hermès, de Sede oder Technogym präsent.
Bei «Good News» denkt man in der Designbranche bald an ökologische Verbesserungen, so liegt auch 2024 wieder ein grosser Fokus auf zirkulärem Design, dessen Wichtigkeit in der Design-Disziplin von Jahr zu Jahr deutlicher wird. Auch Anna Schindler von der Stadtentwicklung Zürich hebt die Bedeutung der Design-Disziplin für die Stadt Zürich angesichts des Klimawandels hervor – sie spielt eine grosse Rolle, wenn es darum geht, neue ressourcenschonende Produktionsweisen zu finden: «Design geht mit der Zeit, geht in die Zukunft und ist eine treibende Kraft dort, wo sich etwas entwickelt.» Die ZDW seien deshalb eine wichtige Veranstaltung für eine nachhaltige Entwicklung der Stadt Zürich, denn «sie geben Design Raum, Sichtbarkeit und Öffentlichkeit».
Eine interaktive Karte auf der Webseite der ZDW zeigt auf, was wo wann stattfindet. Eine Auswahl von fünf Ausstellungsorten, die sich besonders lohnen, werden hier vorgestellt:
5 Highlights an den Zurich Design Weeks
«Echoes» von Basalto Collective x DT22
Das junge Designstudio Basalto Collective, gegründet von der in Zürich lebenden Mexikanerin Paulina Reséndiz, spannt für die ZDW mit der historischen Villa DT22 zusammen. Allein schon für die Architektur des Ortes lohnt es sich, ins Doldertal zu fahren, und während den nächsten Tagen erst recht: Die gemeinsame Ausstellung Echoes ist eine Erkundungstour durch die Designszene Mexikos und der Schweiz. Im Zentrum steht die Verbindung zwischen traditioneller Handwerkskunst und modernem Design. Die gezeigten Werke bieten einen schönen Einblick in die Arbeiten führender Designer beider Länder, darunter etwa Ayres, Federico Stefanovich und José Bermúdez aus Mexiko sowie Hot Wire Extensions, Ramona Gschwend und Studio Eidola aus der Schweiz.
Ebenfalls ausgestellt und als Künstler selbst vor Ort (unter anderem am Samstagnachmittag, 21. September 2024, für einen Artist Talk) ist Andrés Anza, Gewinner des diesjährigen Loewe Foundation Craft Prize. Seine Keramikarbeiten wurden in zahlreichen Ausstellungen in den USA, Italien, Dänemark und Mexiko gezeigt. Mit «Echoes» sind seine Objekte erstmals in der Schweiz ausgestellt.
Wann? 18. bis 29. September 2024: Montag–Freitag 11:00–19:00 Uhr, Samstag 12:00–20:00 Uhr, Sonntag 12:00–16:00 Uhr
Wo? DT22, Doldertal 22, 8032 Zürich
«Soul» von Kabluka Light & Digital Sculptures von Expolight x Kyiv Design Week
Bahnhöfe sind oft hektische Orte, die Menschen hetzen von A nach B, beinahe rennend unterwegs. Wer diese Tage aber am Bahnhof Enge vorbeikommt, sollte sich ein paar Minuten Zeit nehmen, vielleicht einen Zug oder ein Tram später wählen, um einen Stopp in der ehemaligen Schalterzentrale einzulegen. Hier ist die Ausstellung «Soul» des ukrainischen Lichtdesigners Mykola Kabluka zu sehen. Fliessende Lichtprojektionen zusammen mit sanfter Musik, die in ihren Frequenzen aufeinander abgestimmt sind. Zwei Minuten, und man fühlt sich geerdeter. Gleichzeitig ist der Raum auch eine Einladung, kurz innezuhalten und sich bewusst zu werden, was ausserhalb des eigenen Mikrokosmos gerade noch passiert.
«Wir glauben, dass das Licht immer über die Dunkelheit siegt», endete der Designer seine Rede an der Vernissage letzten Donnerstag. Die Lichtinstallation wurde von Kabluka Light und Digital Sculptures by Expolight (Dnipro, Ukraine) realisiert und ist eine Zusammenarbeit zwischen den Zurich Design Weeks und der Kyiv Design Week, die vor zwei Wochen in Kiew stattgefunden hat.
Wann? 12. bis 29. September 2024, Montag-Freitag 05:00–23:45 Uhr
Wo? Bahnhof Zürich Enge, Tessinerplatz 10, 8002 Zürich, Ehemalige Schalterhalle
Craft-ID von Headsquarter x Natascha Madeiski x René Odermatt x Robert Wettstein
Versuch und Irrtum, diese beiden Begriffe stehen im Zentrum des «Materialarchiv», einer kuratierte Sammlung von Materialtests und -versuchen aus den Studios von Robert Wettstein, Natascha Madeiski und René Odermatt. Auf einer Leinwand präsentiert, ergibt sich auch daraus ein Kunstwerk. Manche Objekte sind Prototypen grösserer Projekte, andere stehen als faszinierende Mikro-Werke für sich selbst. Die drei Designschaffenden eint die intensive Auseinandersetzung mit Materialität und Texturen. Das ist ebenso deutlich auch an den weiteren Ausstellungsexponaten im Raum zu erkennen.
René Odermatt und Natascha Madeiski präsentieren gerade noch pünktlich zu den ZDW «Slouch», eine Lampenkollektion, mit der sie das Zusammenspiel zweier unterschiedlicher Materialien erforschten: Papier und Ton. «Das Projekt begann mit der gemeinsamen Vision, diese kontrastierenden Elemente zu vereinen, um Objekte zu schaffen, die sowohl skulptural als auch funktional sind», schreiben Odermatt und Madeiski. Gerade frisch aus dem Brennofen kamen die Exponate, die an der Vernissage am vergangenen Donnerstag präsentiert wurden und noch bis zum 29. September bei Headquarter zu sehen sind.
Ebenfalls eindrücklich ist der dritte Teil dieser Ausstellung, die auf wenigen Quadratmetern sehr viel bietet: Robert Wettsteins neue Vasen-Kollektion, die für einmal weder aus Glas noch aus Keramik gefertigt ist, sondern aus Styropor. Ist das möglich? Der Titel der Kollektion nimmt die Antwort gleich vorweg: «Wasserdichte Vasen» lautet dieser. Entstanden seien die Stücke aus der Spontanität heraus, wie Wettstein erzählt. In einem Gemälde seines Grossvaters, Max Bohren’s Sonnenblume, entdeckte er eine gepunktete Vase, die er als Modell nachbaute – und die heute als wasserdichte Styropor-Vase erhältlich ist.
Wann? 12. bis 29. September 2024: Montag–Freitag 11:00–19:00, Samstag 12:00–20:00, Sonntag 12:00–16:00 Uhr
Wo? HeadsQuarter, Beethovenstrasse 48, 8002 Zürich
«Togetherness Bench» von Yael Anders
Wann haben Sie das letzte Mal ein Gespräch mit einer fremden Person begonnen? Nicht an der Kasse des Supermarkts, auch nicht, um nach dem Weg zu fragen, sondern eine Unterhaltung, einfach so, ohne Grund – über das Leben und was sonst gerade so beschäftigt. Die Sitzbank der Zürcher Designerin Yael Anders, die während den ZDW auf dem Gustav-Gull-Platz ausgestellt ist, will genau dazu animieren: zum sozialen Austausch. «Watet durchs Wasser, nehmt Platz auf der Togetherness Bench und badet Eure Füsse im kühlen Nass», so der Aufruf der Designerin. Wer sich überwunden hat, den Weg auf sich zu nehmen, weiss bestimmt schon einmal, worüber mit den anderen Mutigen auf der Bank zu plaudern. Und kleiner Tipp, wem es dafür aktuell zu kalt ist: Gummistiefel gehen auch!
Wann? 12. bis 29. September 2024: Montag–Sonntag 07:00–20:00 Uhr
Wo? Gustav-Gull-Platz, 8004 Zürich
Newcomer-Ausstellung im Museum für Gestaltung Zürich
Designwochen sind immer auch eine gute Möglichkeit, um neue Namen aus der Schweizer Designbranche zu entdecken. Dafür eignet sich natürlich besonders die Ausstellung «Newcomer», die im Museum für Gestaltung gezeigt wird. In diesem Jahr mit dabei sind Jana Besimo, Adam Chatir, Thomas d’Enfert, Iris Gerbex, Luis Praxmarer und Lars Ziegler.
Die Industrie- und Grafikdesignerin Iris Gerbex sucht mit ihrem Werk nach einer Alternative zu den wenig nachhaltigen Schnittblumen. Von billigen Plastikblumen ist ihr Vorschlag weit entfernt: «Dem Prinzip der Kapillarität folgend, das in echten Pflanzen zu finden ist, wurden Papier und Wasser verwendet, um Bewegung, Farbe und Geruch zu erzeugen, so dass künstliche Blumen lebendig werden und schliesslich sterben können», heisst es im Projektbeschrieb.
Ein Projekt, das auch zum Nachdenken anregt, ist Thomas d’Enferts «No Spare Wheels». Der Künstler widmet sich darin dem Daumen, oder besser gesagt, dem, was uns noch bleibt, wenn wir diesen kleinen Finger nicht zur Verfügung hätten. «Was wäre unser tägliches Leben ohne den opponierbaren Daumen, ohne diese kleine Geste des Greifens?», fragt Denfert und liefert Antworten in Form einer Reihe von Objekten.
Wann? 12. bis 29. September 2024: Dienstag–Mittwoch 10:00–17:00 Uhr, Donnerstag 10:00–20:00 Uhr, Freitag–Sonntag 10:00–17:00 Uhr
Wo? Design Zentrale, Museum für Gestaltung Zürich, Ausstellungsstrasse 60, 8005 Zürich