Frankreich und die USA überwachen den Waffenstillstand zwischen Israel und dem Hizbullah. Dabei hatte sich der israelische Ministerpräsident Netanyahu bis zuletzt gegen eine Beteiligung der alten Kolonialmacht gewehrt.
Frankreich und die USA sollen gemeinsam dafür sorgen, dass der Waffenstillstand zwischen Israel und der libanesischen Hizbullah-Miliz hält. Der französische Präsident Emmanuel Macron kündigte am späten Dienstagabend in einer Ansprache an, dass sein Land zusammen mit einer Reihe von Partnern eine «zentrale Rolle» bei der Überwachung des Abkommens spielen werde.
Tatsächlich hatte Frankreich über seine privilegierten Kontakte zu allen libanesischen Akteuren, einschliesslich des Hizbullah, entscheidend daran mitgewirkt, dass die Waffen nun schweigen. Und es war Macron, der im Oktober eine internationale Geberkonferenz für Libanon in Paris organisiert hatte, bei der knapp eine Milliarde Euro an humanitärer Hilfe sowie Mittel für das überkonfessionelle libanesische Militär zusammenkamen. Gelder, die nun in Beirut dringend benötigt werden.
Spannungen zwischen Macron und Netanyahu
Die USA und sein Land wollten jetzt entschlossen dazu beitragen, «dass der Konflikt nicht in einen neuen Gewaltzyklus mündet», sagte Macron am Dienstag. Zuvor hatte der amerikanische Präsident Joe Biden in Washington eine ähnliche Rede gehalten und dabei den Einsatz Macrons gewürdigt. Nur Benjamin Netanyahu, der im israelischen Fernsehen die Waffenruhe bekanntgab, erwähnte den Franzosen mit keinem Wort.
Israels Ministerpräsident hatte sich bis zuletzt sogar grundsätzlich gegen die Beteiligung Frankreichs an dem internationalen Überwachungsausschuss gewehrt. Aus mehreren Gründen wurden die Beziehungen zwischen Tel Aviv und Paris immer angespannter. So warf Israel Frankreich unter anderem vor, direkt mit der libanesischen Regierung Verhandlungen geführt und so den amerikanischen Sonderberater Amos Hochstein umgangen zu haben.
Für das israelische Verteidigungsministerium war es zudem ein Affront, dass die französische Regierung kürzlich beschlossen hatte, israelischen Rüstungsunternehmen die Teilnahme an der Marinemesse Euronaval im November zu verbieten. Aber vor allem, weil Macron immer wieder Netanyahus Kriegsführung scharf kritisiert hatte, war dieser schlecht auf ihn zu sprechen. So hatte der französische Präsident den Israeli an der Hilfskonferenz im Oktober vorgeworfen, «Barbarei zu säen».
Und schliesslich verlangte Israel Klärung in der Frage, wie sich Frankreich zum Haftbefehl verhalten würde, den der Internationale Strafgerichtshof (ICC) am 21. November gegen Netanyahu erlassen hatte. Michel Barnier, der Premierminister, erklärte noch am Dienstag in der Pariser Nationalversammlung, sein Land werde als Unterzeichnerstaat des ICC seinen Verpflichtungen «rigoros» nachkommen.
Überraschend veröffentlichte das französische Aussenministerium am Mittwoch – nur wenige Stunden nach Inkrafttreten des Waffenstillstands – eine Erklärung, aus der hervorgeht, dass Netanyahu nicht wirklich damit rechnen muss, auf französischem Boden verhaftet zu werden. Zwar arbeite Frankreich uneingeschränkt mit dem ICC zusammen, schreibt das Quai d’Orsay. Doch müsse man auch in Betracht ziehen, dass Israel das Römische Statut nicht anerkannt habe. Netanyahu als Vertreter eines Drittstaates sei deswegen Immunität zu gewähren.
Diese Erklärung dürfte eine Bedingung dafür gewesen sein, dass sich Netanyahu am Ende doch bereit erklärt hat, Macrons Rolle bei der Überwachung des Waffenstillstands anzuerkennen. Hinter den Kulissen sollen Israeli und Amerikaner auf die Franzosen hohen Druck ausgeübt haben, eine solche Ankündigung zu machen. Auf der anderen Seite, so heisst es in Paris, sollen vor allem die Libanesen darauf gedrängt haben, dass Frankreich bei der Überwachungsmission dabei sei.
Enge Bande zwischen Paris und Beirut
«Dieses Abkommen ist ein Erfolg für die französische Diplomatie, und wir können stolz darauf sein», erklärte am Mittwoch Jean-Noël Barrot, der französische Aussenminister. Barrot kündigte auch an, die libanesische Armee mit Ausbildern und Material zu unterstützen und die französischen Blauhelmsoldaten, die im Rahmen der Uno-Beobachtermission Unifil vor Ort sind, zu verstärken. Zudem soll Macrons Sondergesandter für Libanon, der ehemalige Aussenminister Jean-Yves Le Drian, bei der Regierungskrise in Beirut vermitteln.
Zwischen Frankreich und dem Zedernstaat gibt es enge politische und kulturelle Bande. Angeblich soll schon der französische König Ludwig IX. im 13. Jahrhundert der christlichen Religionsgemeinschaft der Maroniten Schutz versprochen haben. Nach Massakern an den Maroniten im 19. Jahrhundert setzte Frankreich durch, dass ihr Siedlungsgebiet zu einer autonomen osmanischen Provinz wurden. Zwischen 1920 und 1943 stand das Gebiet unter französischem Mandat. Bis heute wird neben Arabisch Französisch im Land gesprochen. Mit den Jahren wurde Frankreichs Einfluss jedoch immer geringer.
Einer, der die Bindung wieder festigen wollte, war Macron. 2020, nach der Explositionskatastrophe im Beiruter Hafen mit über 200 Toten, besuchte er die Libanesen und versprach ihnen Hilfe. Nach dem Beginn der jüngsten israelischen Offensive in Südlibanon legte er sich wieder ins Zeug. Den Erfolg auf dem internationalen Parkett wird er sich jetzt nicht verderben lassen wollen. Erst recht, da es in der französischen Innenpolitik derzeit alles andere als gut läuft.