Auf Macron am Montag folgte Keir Starmer am Donnerstag: Auch der britische Premier versuchte Trump beim Besuch im Weissen Haus von gemeinsamen Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu überzeugen. Der US-Präsident blieb vage, entspannte aber sein Verhältnis zu Selenski.
Donald Trump hegt offensichtlich eine spezielle Faszination für den russischen Diktator Wladimir Putin und verspürt wenig Achtung für demokratische Verbündete der USA. Am Mittwoch bezeichnete er den Kremlchef erneut als «sehr klug» und «gerissen». Beim Besuch des britischen Premierministers Keir Starmer im Weissen Haus, stellte sich am Donnerstag deshalb vor allem eine Frage: Wie viel ist die seit Winston Churchill stets beschworene «Special Relationship» zwischen Amerika und Grossbritannien noch wert?
Ähnlich wie der französische Präsident Emmanuel Macron am Montag versuchte auch Starmer den amerikanischen Staatschef vor einem naiven Flirt mit Putin zu warnen und für den Schutz der Ukraine zu gewinnen. Um Trump zu umgarnen, überreichte ihm Starmer im Oval Office vor der versammelten Presse einen Brief des britischen Königs. Darin lud Charles III. den amerikanischen Präsidenten zu einem weiteren Staatsbesuch ein. Bereits in seiner ersten Amtszeit erteilte ihm Queen Elizabeth II. diese Ehre mit einem opulenten Bankett im Buckingham Palast. Diese erneute Einladung sei besonders und historisch einzigartig, betonte Starmer. «Dies symbolisiert die Stärke unserer Beziehung. Das ist ein sehr spezieller Brief. Ich denke, der letzte Staatsbesuch war ein enormer Erfolg.» Und der König wolle diesen nun noch übertreffen.
Versöhnliche Worte für Selenski
Auch Trump bemühte sich um diplomatische Höflichkeiten. Er bezeichnete Grossbritannien als den «Verbündeten Nummer eins» der USA und lobte sein gutes Verhältnis zu Starmer. Gleichzeitig schien der amerikanische Präsident auch seine Beziehung zum ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski entspannen zu wollen. Ob er immer noch glaube, dass Selenski ein Diktator sei, wurde er gefragt. Trump antwortete: «Habe ich das gesagt? Ich kann nicht glauben, dass ich das gesagt habe.» Er wolle mit Selenski zusammenarbeiten. Später zollte er dem ukrainischen Präsidenten und seinem Volk Respekt: «Sie haben sehr tapfer gekämpft.»
Trump gratulierte aber auch Starmer für dessen Bereitschaft, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Kurz vor dem Besuch im Weissen Haus kündigte der britische Premierminister bis 2027 eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben von 2.3 auf 2.5 Prozent des Bruttoinlandprodukts an. Wobei diese Zahl in den Jahren danach bis auf 3 Prozent gesteigert werden soll. Finanzieren will Starmer dies mit einer Kürzung der Entwicklungshilfe. Auch damit hoffte er, bei Trump Sympathiepunkte zu gewinnen. Der amerikanische Präsident zerschlug in seinen ersten Amtstagen die eigene Behörde für Entwicklungszusammenarbeit praktisch vollständig.
Starmers Charmeoffensive schien zu fruchten. Im Gegensatz zu anderen Ländern drohte Trump am Donnerstag gegenüber Grossbritannien nicht mit höheren Zöllen. Im Gegenteil: Er zeigte sich zuversichtlich, dass die beiden Länder ein für beide Seiten vorteilhaftes Handelsabkommen schliessen können.
Starmer lobte Trump seinerseits für seine Initiative für Friedensverhandlungen mit Russland. Der amerikanische Präsident habe den Raum für die Gespräche geschaffen. Aber der britische Premierminister betonte auch: «Wenn es zu einer Einigung kommen sollte, müssen wir sicherstellen, dass das Abkommen dauerhaft ist.» Zudem erklärte er: «Es darf kein Frieden sein, der den Aggressor belohnt.»
Klarheit herrscht nur zu Kiews Nato-Beitritt
Was es für einen nachhaltigen Frieden braucht, formulierte Starmer bereits vor seiner Abreise nach Washington am Mittwoch. Er signalisierte Bereitschaft, gemeinsam mit anderen europäischen Staaten britische Friedenstruppen in die Ukraine zu senden. Aber eine solche Mission sei nur mit einer amerikanischen «Rückversicherung» möglich. Ohne eine unterstützende und abschreckende Rolle der USA – etwa bei der Flugabwehr, der Beschaffung von Geheimdienstinformationen oder Logistik – werde Putin nach kurzer Zeit erneut angreifen. «Putins Ziele in der Ukraine sind ziemlich offensichtlich.»
Aber Trump machte ebenfalls bereits am Mittwoch klar, dass Amerika unter seiner Führung nicht mehr viel für die Ukraine tun will. «Ich werde keine weitgehenden Sicherheitsgarantien abgeben. Wir werden das Europa überlassen.» Am Donnerstag wollte sich der amerikanische Präsident nicht genau festlegen. Die Briten würden nicht viel Hilfe der Amerikaner brauchen. «Sie können sich selbst helfen.» Aber wenn die Briten Hilfe benötigten, werde er stets mit ihnen sein. «Das hört sich ausweichend an, aber es ist nicht ausweichend.»
Offensichtlich gelang es Starmer nicht, Trump klare Zusagen abzuringen. «Wir haben heute einen Plan diskutiert, um einen harten und fairen Frieden zu erreichen», meinte der britische Premierminister. Eindeutig äusserte sich der amerikanische Präsident nur zu einem ukrainischen Nato-Beitritt: «Das wird nicht passieren.» Grundsätzlich machte Trump auch klar, dass er sich zunächst mit Russland auf einen Waffenstillstand einigen und die Details zu seiner Sicherung später vollständig klären möchte. Gleichzeitig bezeichnete er das mit der Ukraine ausgehandelte Rohstoff-Abkommen als eine Art «Rückversicherung». Niemand werde es wagen, ein Spiel zu spielen, wenn amerikanische Unternehmen mit vielen Arbeitern in der Ukraine präsent seien, um seltene Erden und andere Mineralien abzubauen, erklärte Trump.
Der amerikanische Präsident erwartet Selenski am Freitag im Weissen Haus, um das Abkommen zu unterzeichnen. Dieses soll einen künftigen Rahmen für einen gemeinsamen Abbau der ukrainischen Rohstoffe schaffen. Der Entwurf der Vereinbarung ist indes vage gehalten. Im Gegensatz zur ursprünglichen Fassung des amerikanischen Finanzministers handelt es sich nicht mehr um einen ausbeuterischen Knebelvertrag. Die USA sagen der Ukraine darin aber auch keine Sicherheitsgarantien zu. Gemäss französischen Medien wollte Trump das Treffen mit Selenski am Mittwoch gar absagen. Doch Macron konnte den amerikanischen Präsidenten mit einem Anruf in Washington angeblich umstimmen. Allein das Treffen scheint deshalb für Selenski unter diesen Umständen ein Erfolg zu sein.
Derweil trafen sich amerikanische und russische Diplomaten am Donnerstag in Istanbul für weiter bilaterale Gespräche. Die Ukraine soll dabei aber nicht Teil der Diskussion gewesen sein. Am Montag erklärte Trump, dass er mit Putin bereits über «grosse» wirtschaftliche Kooperationen zwischen den USA und Russland gesprochen habe. Er rechne mit einer schnellen Einigung auf einen Waffenstillstand, erklärte Trump am Donnerstag. Man werde sich entweder «ziemlich schnell oder gar nie» auf ein Ende des Kriegs verständigen.